literatur | saloon am Institut für Deutsche Philologie der LMU München am 11. Juli 2024
Das Verhältnis von Literatur und Kritik, wie wir es im VI. literatur | saloon thematisieren wollen, gewinnt gerade in einer Gesellschaft an Relevanz, die gleich an mehreren – politischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen – Fronten mit Erosionserscheinungen zu kämpfen hat. Bisher übernahm in solchen Krisenzeiten insbesondere die Literatur die Funktion einer kritischen Auseinandersetzung mit den strukturellen Verhältnissen, Hegemonien und Verwerfungslinien der Gegenwart. Dabei reflektierte sie immer auch ihre eigene Rolle: Wie garantiert Literatur ihre ‚Autonomie‘, wie muss sie sich formal organisieren, um beobachtungsfähig und damit auch kritikfähig zu bleiben?
Unter den Bedingungen der postdigitalen Gegenwart scheint es jedoch oft, als habe die literarische Kritik ihr poetisches Potential zugunsten eines identifikatorischen Lesens, das den Leser:innen auf formaler Ebene wenig Brüche und Innovationen zumutet, eingebüßt. Auch die Literaturkritik tut sich schwer, ein Unbehagen am Funktionsverlust adäquat zu artikulieren. Kritik wird zunehmend zu Hyperkritik, die auf einem Marktplatz der Meinungen zu bestehen hat. Vieles deutet darauf hin, dass es sowohl der literarischen als auch der Literatur-Kritik an Selbstkritik mangelt, um „wahre Kritik“ (Michel Foucault) zu betreiben.
In unserem sechsten literatur | saloon wollen wir gemeinsam mit Autor:innen und Leser:innen, Literaturschaffenden und -wissenschaftler:innen diskutieren, ob und in welchem Umfang diese Diagnose der Kritikunfähigkeit zutrifft und wie wir wieder ‚kritikfähig‘ werden können.
Programm am Donnerstag, 11. Juli 2024
14.15 Uhr: Einführung von Rabea Conrad
14.30–15.30 Uhr: Artensterben der Kritik im Feuilleton. Impulsvorträge und Diskussion mit Cornelia Zetzsche und Victor Sattler, moderiert von Laura Schütz und Kay Wolfinger
16.00–17.00 Uhr: Kritisch lesen. Lesung und Gespräch mit Fabienne Imlinger, moderiert von Lena Siebels
17.30–18.30 Uhr: Preise der Kritik. Gespräch mit Dana Vowinckel und Hans Balmes, moderiert von Marilisa Reisert
19.00 Uhr: Institutskolloquium: Literatur als poetische Kritik. Lesung und Gespräch mit Jakob Nolte, moderiert von Tanja Prokić und Alina Tempelhoff
Philologicum der LMU München, Ludwigstraße 25, Veranstaltungsraum
Kontakt: saloon@germanistik.uni-muenchen.de