»W.G. Sebalds Walser«

Gemeinsame Tagung der Deutschen Sebald Gesellschaft
und der Robert Walser-Gesellschaft, 11.-13. Oktober 2024 in München

Im Rahmen einer gemeinsamen Tagung widmen sich die Robert Walser-Gesellschaft und die Deutsche Sebald Gesellschaft den Berührungspunkten und Differenzen der beiden Autoren.

Freitag, 11. Oktober 2024

19.00 Uhr: Eröffnungsveranstaltung: „Alle lieben Walser. – Lieben alle Sebald?“ in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Eintritt frei)

Podiumsdiskussion mit Preisträgern: Thilo Krause (Robert Walser-Preis 2020), Kirsten Fuchs (W.-G.-Sebald-Literaturpreis 2022); Moderation: Hans Pleschinski (Abteilung Literatur der Bayerischen Akademie der Schönen Künste)

Samstag, 12. Oktober 2024

Gemeinsamer Workshop im Philologicum der LMU München (Eintritt frei)

14.30–15.00 Uhr: Claudia Albes (Leuphana Lüneburg): Robert Walser / W.G. Sebald. Dichterporträts

15.00–15.30 Uhr: Lucia Ruprecht (FU Berlin): Walser – Sebald – gestisch

16.00–16.30 Uhr: Anne Fuchs (University College Dublin): ‚Leblose Substanzen‘ und
‚Miniaturkraftwerk‘: Überlegungen zur Poetik der Dinge bei Walser und Sebald

16.30–17.00 Uhr: Bernd Stiegler (Universität Konstanz): Komplexe Wahlverwandtschaften. W.G. Sebald und Robert Walser

Abendveranstaltung

19:00 Uhr: Robert Walser, W. G. Sebald und die Folgen … – Lesung und Literaturgespräch mit Clemens J. Setz, moderiert von Kay Wolfinger (LMU München)

Sonntag, 13. Oktober 2024

10.30 Uhr: „Die Luft einer neuen Zeit“ – Literarische Stadtführung durch Schwabing mit Laura Mokrohs (Valentin Karlstadt Musäum)

Für eine Teilnahme wird um vorherige Anmeldung gebeten unter:
kontakt@sebald-gesellschaft.de

Literatur & Kritik

literatur | saloon am Institut für Deutsche Philologie der LMU München am 11. Juli 2024

Das Verhältnis von Literatur und Kritik, wie wir es im VI. literatur | saloon thematisieren wollen, gewinnt gerade in einer Gesellschaft an Relevanz, die gleich an mehreren – politischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen – Fronten mit Erosionserscheinungen zu kämpfen hat. Bisher übernahm in solchen Krisenzeiten insbesondere die Literatur die Funktion einer kritischen Auseinandersetzung mit den strukturellen Verhältnissen, Hegemonien und Verwerfungslinien der Gegenwart. Dabei reflektierte sie immer auch ihre eigene Rolle: Wie garantiert Literatur ihre ‚Autonomie‘, wie muss sie sich formal organisieren, um beobachtungsfähig und damit auch kritikfähig zu bleiben?

Unter den Bedingungen der postdigitalen Gegenwart scheint es jedoch oft, als habe die literarische Kritik ihr poetisches Potential zugunsten eines identifikatorischen Lesens, das den Leser:innen auf formaler Ebene wenig Brüche und Innovationen zumutet, eingebüßt. Auch die Literaturkritik tut sich schwer, ein Unbehagen am Funktionsverlust adäquat zu artikulieren. Kritik wird zunehmend zu Hyperkritik, die auf einem Marktplatz der Meinungen zu bestehen hat. Vieles deutet darauf hin, dass es sowohl der literarischen als auch der Literatur-Kritik an Selbstkritik mangelt, um „wahre Kritik“ (Michel Foucault) zu betreiben.

In unserem sechsten literatur | saloon wollen wir gemeinsam mit Autor:innen und Leser:innen, Literaturschaffenden und -wissenschaftler:innen diskutieren, ob und in welchem Umfang diese Diagnose der Kritikunfähigkeit zutrifft und wie wir wieder ‚kritikfähig‘ werden können.

Programm am Donnerstag, 11. Juli 2024

14.15 Uhr: Einführung von Rabea Conrad

14.30–15.30 Uhr: Artensterben der Kritik im Feuilleton. Impulsvorträge und Diskussion mit Cornelia Zetzsche und Victor Sattler, moderiert von Laura Schütz und Kay Wolfinger

16.00–17.00 Uhr: Kritisch lesen. Lesung und Gespräch mit Fabienne Imlinger, moderiert von Lena Siebels

17.30­–18.30 Uhr: Preise der Kritik. Gespräch mit Dana Vowinckel und Hans Balmes, moderiert von Marilisa Reisert

19.00 Uhr: Institutskolloquium: Literatur als poetische Kritik. Lesung und Gespräch mit Jakob Nolte, moderiert von Tanja Prokić und Alina Tempelhoff

Philologicum der LMU München, Ludwigstraße 25, Veranstaltungsraum
Kontakt: saloon@germanistik.uni-muenchen.de

Münchner Poetikvorlesung 2024

mit Slata Roschal, 15., 23. und 29. Mai in München

Im Jahr 2024 kehrt das altehrwürdige Format der Poetikvorlesung zurück an das Institut für Deutsche Philologie der LMU München. Schon in den 1980er und 1990er Jahren wurden immer wieder Autorinnen und Autoren an die Universität eingeladen, um über ihr Schreiben, ihre Bücher und ihre Poetik zu sprechen. Zuletzt gab es 2007 eine einmalige Neuauflage einer solchen Poetikvorlesung.

Um die Forschung zur Gegenwartsliteratur am Verlags- und Buchstandort München weiter voranzutreiben und das literarische Leben in Forschung und Lehre besser zu vermitteln, steht die Poetikvorlesung des Jahres 2024 unter dem Vorzeichen „Werkstatt und Maschinenraum“. Sie gibt Einblicke in die Entstehung von Manuskripten und in die Schwierigkeiten, die beim Verbreiten von literarischen Texten und Büchern begegnen.

Hierfür konnte die Schriftstellerin Slata Roschal (www.slataroschal.de) gewonnen werden, die, 1992 geboren, mit zwei Lyrikbänden und zwei Romanen zu einer etablierten Größe der deutschsprachigen Literatur geworden ist. Slata Roschal wird in drei Vorlesungen über die Bedeutung des Literaturbetriebs für ihre Arbeit sprechen, über Geld, Macht und Konkurrenz, über das kollaborative Entstehen von Büchern und über die besondere Herausforderung, sich dem Literaturmarkt zu stellen, wenn man Familie und Kinder hat.

Die letzte der drei Vorlesungen wird dabei in Kooperation mit der von Slata Roschal eingeladenen Autorin Katharina Bendixen (www.other-writers.de) stattfinden. Alle Veranstaltungen sind öffentlich, werden von Studierenden begleitet und in einem Blog reflektiert. Wir freuen uns auf das Interesse – auf dass die Münchner Poetikvorlesung „Werkstatt und Maschinenraum“ zu einer festen Größe im universitären Leben und in der literarischen Öffentlichkeit Münchens wird!

Die Poetikvorlesungen von Slata Roschal finden jeweils um 18 Uhr c.t. im Veranstaltungsraum des Philologicums statt, und zwar am:

Mittwoch, 15. Mai 2024: „Geld, Macht & Konkurrenz“

Donnerstag, 23. Mai 2024: „Das kollaborative Buch“

Mittwoch, 29. Mai 2024: „Elternschaft & Autorschaft“

Die Autorin steht für Presseanfragen zur Verfügung.

Verantwortlich: Dr. Kay Wolfinger, LMU München: kay.wolfinger@germanistik.uni-muenchen.de

Selbstverständlich fühlt sich fast jeder überlegen

Ein Gespräch mit Ulrich Holbein

Wie geht es Ihnen momentan und wo stehen Sie, wenn Sie auf die Entwicklung Ihres Werkes blicken?

Blendend – ganz prachtvoll … leidlich – einigermaßen schloto – das ist Tschechisch und heißt: geht so – bin nicht im Burn-out versunken; allenfalls setzt eine kleine, biologisch bedingte Torschlußpanik mir zu, also gehts mir wohl doch nicht äußerst gut, allenfalls recht mittelprächtig, um nicht zu sagen: unoptimal, miserabel, relativ beschissen, andererseits klage ich merkwürdig selten über Corona, Weltlage, Überwachungsstaat, Systemcrash, Islamisierung, geh zudem nicht an Krücken, muß keinem Brotjob nachgehen, mich nicht mit VermieterInnen plagen, kann jeden Tag arbeiten …

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Nebelflecken und das Unbeobachtete

Nebelflecken und das Unbeobachtete. Neue Forschungsansätze zum Werk W.G. Sebalds [hg. zus. mit Dorothea Hauser und Ricardo Felberbaum], Würzburg: Königshausen & Neumann 2023 (= Schriftenreihe der Deutschen Sebald Gesellschaft, Band 2).

Der zweite Band der Schriftenreihe der Deutschen Sebald Gesellschaft widmet sich W. G. Sebald als einem der Literaten des ausgehenden 20. Jahrhunderts, zu dem bereits unterschiedlichste Forschungspositionen existieren. Trotzdem fasziniert sein Werk die Literatur- und Medienwissenschaften nach wie vor und reizt zu immer neuer Auseinandersetzung. Der Band umfasst Ergebnisse der ersten Veranstaltungen der Deutschen Sebald Gesellschaft. Seine Beiträge formulieren neue Positionen zu Sebalds Literatur und entwickeln weiterführende Forschungsansätze, blicken, um mit Sebald zu sprechen, auf die Nebelflecken seiner Bücher und beobachten das bisher Unbeobachtete.

Literatur ist ein einziges System der Verunsicherung.

Ein Gespräch mit Jochen Hörisch

Sie arbeiten so produktiv wie eh und je an großen Monographien. Wie ist Ihre momentane Arbeitssituation und die Einteilung Ihrer Tage?

Die Frage bringt mich insofern in Verlegenheit, als sich das ein wenig geändert hat. Mit Corona ist eine große Lethargie über mich gekommen, die ich auch als angenehm empfinde. Ich habe momentan alles andere als eine Schaffenskrise, aber ich merke, dass ich mich gerne ablenken lasse. Ansonsten bin ich gerne Zwangsneurotiker, wenn man so will und hochstapeln darf: nach dem Vorbild von Thomas Mann. Morgens arbeiten von halb zehn bis zwölf, zweieinhalb Stunden am Stück, nachmittags lesen, spazieren gehen, dies und das tun. Durch Corona ist das ein bisschen durcheinander.

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Neu erschienen

Thomas Honickel: Curriculum Vitae. Die W.G Sebald-Interviews [zus. mit Uwe Schütte], Würzburg: Königshausen & Neumann 2021 (= Schriftenreihe der Deutschen Sebald Gesellschaft, Band 1).

Der erste Band der Schriftenreihe der Deutschen Sebald Gesellschaft versammelt umfangreiches Interviewmaterial aus dem Fundus des Regisseurs und Dokumentarfilmers Thomas Honickel. Entstanden für Honickels vielgelobten Dokumentarfilm W. G. Sebald. Der Ausgewanderte (2007) wurden die in Auswahl und Ausschnitten im Film verwendeten Interviews für den vorliegenden Begleitband vollständig transkribiert und lektoriert, um der Forschung unterschiedliche Perspektiven auf Sebald zugänglich zu machen. Damit wird eine oral history erschlossen, die wichtige Details zu Sebalds Leben und Werk zu ergänzen vermag, sich dabei aber auch als widersprüchlich und heterogen erweist. Uwe Schütte und Kay Wolfinger geben diese Interviews heraus und ordnen sie in einem Vorwort in das Curriculum Vitae ein.

Thomas Honickel ist studierter Germanist und Absolvent der Hochschule für Fernsehen und Film, München. Er drehte 30 Dokumentarfilme für ARD/ARTE, darunter Porträts von Elias Canetti und W. G. Sebald. Sein Film W. G. Sebald. Der Ausgewanderte wurde im Stuttgarter Literaturhaus 2007 uraufgeführt und in zahlreichen Goethe-Instituten und Literaturhäusern Europas gezeigt.


Die literarische Provinz. Das Allgäu und die Literatur, Berlin: Peter Lang 2021.

Bei der Beschäftigung mit der Allgäuer Literatur gibt es Nachholbedarf – sie ist im Unterschied zu anderen Sparten des kulturellen Lebens vergleichsweise schlecht erschlossen und vernetzt. Dasselbe gilt für die Repräsentation des Allgäus als Literaturregion in der Literaturwissenschaft und der Literaturgeschichte. Dieser auf eine Tagung in Sonthofen im Allgäu zurückgehende Band möchte das Allgäu als literarische Region ins Bewusstsein rücken. Mit der Tagung wurde bereits eine kulturpolitische Akzentuierung vorgenommen. Der vorliegende Band nimmt die wissenschaftliche Einordnung der Literatur des Allgäus vor und versteht sich als Startpunkt der Erstellung einer fundierten Literaturgeschichte des Allgäus.


Mystisches Schwabing. Die Münchner Kosmiker im Kontext, Baden-Baden: Ergon 2020.

Flyer zum Download.

Wer waren die Teilnehmer an der Kosmischen Runde, die um 1900 Schwabing zu einem magischen Ort machten? Und was haben die Kosmiker uns heute noch zu sagen? Diesen Fragen sind die Beitragenden des vorliegenden Tagungsbandes nachgegangen. Ziel ist es, die Forschung zu den mystischen Tendenzen in der literarischen Topographie Münchens zur Zeit der Jahrhundertwende neu zu beleben. Der Bogen der Untersuchungen spannt sich dabei von Karl Wolfskehls Dichtungen und dem Kreis um Stefan George bis hin zu Ludwig Derleths geheimem Schreibsystem, den Themen Ludwig Klages’ und den Überlegungen zu Gruppendispositiven im Umfeld der Münchner Bohème. Die Kontexte des mystischen Schwabing, wo die Kosmik geboren wurde, Stefan George dem Gott Maximin begegnete, Albert von Schrenck-Notzing seine Séance-Experimente vollzog und die Gräfin von Reventlow ihre Gäste empfing, sind Anrufungen eines literarisch und künstlerisch verschränkten Okkultismus, eines Feldes, das in diesem Sammelband noch einmal durchmessen wird – nicht zuletzt um die Beschäftigung damit wieder neu zu aktivieren.