Zwei neu erschienene Sammelbände

Das Europäische Archiv der Stimmen. Oral History im interdisziplinären Diskurs [zus. mit Max Stange und Simon Unger], Würzburg: Königshausen & Neumann 2025.

Der ideengeschichtlich ausgerichtete Sammelband setzt sich zum Ziel, die Arbeit des Vereins Arbeit an Europa erstmals wissenschaftlich zu sichten, historisch einzuordnen und medial zu deuten. Er will das bisher Erreichte ergänzen, an dieses anschließen und eine im umfassenden Sinne akademische Aufarbeitung leisten. Das Europäische Archiv der Stimmen wird zum Ausgangspunkt genommen und im Kontext von Europa-Diskursen verortet.

Die Beiträge geben eine grundlegende Übersicht über die Themen und inhaltlichen Schwerpunkte der für das Europäische Archiv der Stimmen geführten Interviews und eröffnen eine Diskussion über deren wissenschaftliche Verwendung als historische Quellen. Insbesondere geht es hier um eine Einbettung des Projektes von Arbeit an Europa in eine Mediengeschichte von Europa-Diskursen in Verbindung mit der dadurch entstehenden Möglichkeit, die Ergebnisse des Vereins kulturhistorisch zu lesen, auf intertextuelle Vorgängerprojekte hinzuweisen und schließlich auch den Geisteswissenschaften die mögliche Fruchtbarkeit und historische Traditionslinie von Arbeit an Europa aufzuzeigen.


Traditionen des Pathos? W.G. Sebald und die Literatur der Gegenwart [zus. mit Claudia Öhlschläger, Michael Niehaus und Karine Winkelvoss], Würzburg: Königshausen & Neumann 2025 [= Schriftenreihe der Deutschen Sebald Gesellschaft, Bd. 3].

W. G. Sebald und sein literarisches Erbe mit der Kategorie des Pathos in Verbindung zu bringen, hat auf den ersten Blick etwas Paradoxes. Sebald selbst hat in seinen kritischen Schriften und Gesprächen stets eine »unpathetische Diktion«, eine »leidenschaftslose Art der Rede«, eine Neutralität des Tons gefordert. Sein »ethisch-ästhetisches« Stilideal orientiert sich eher an der literarischen Tradition der Flaubertschen impassibilité und an sachlich-dokumentarischen Formen.

Zugleich aber steht Pathos als zu vermittelndes Unglück und Leid im Zentrum von Sebalds Werk. Sein antipathetisches Stilideal geht selbst auf verschiedene Traditionen des Pathos zurück und seine Prosa entwickelt ganz eigene Pathosformen und -formeln.

Der Sammelband möchte diesen Verfahrensweisen nachspüren und nach der ästhetischen, aber auch kulturkritischen sowie kulturpolitischen Funktion des Pathos in der internationalen zeitgenössischen Literatur fragen: Wie wird hier Empathie reguliert und reflektiert? Gibt es eine Poetik, Ästhetik, aber auch Medialität des Pathos? Gibt es spezifische, tradierte Erzählweisen des Pathos?